Wörterbuch des Frauenverstehers

 

In diesem Wörterbuch werden einzelne Stichworte aus dem Frauenmund ernst genommen, auf die Gold- und auf Küchenwaage gelegt und auf Schadstoffe überprüft.

 

 

Konfuzius wurde einmal gefragt, was er als erstes machen würde, wenn er ein Land zu regieren hätte.

 

„Ich würde vor allem die Sprache verbessern. Wenn die Sprache nicht einwandfrei ist, sagt man nicht, was man meint. Wenn das Gesagte aber nicht das ist, was man meint, bleibt ungetan, was getan werden soll. Wenn es ungetan bleibt, verfallen die Sitten und Künste und das Recht geht in die Irre. Wenn das Recht in die Irre geht, ist das Volk hilflos und unsicher. Deshalb darf in dem, was gesagt wird, nichts Willkürliches sein. Es gibt nichts Wichtigeres.“

 

Friedrich Schiller schrieb:

 

„Wie menschlich Menschen sind, zeigt ihren Umgang mit der Muttersprache“

 

 

 

A

akzeptieren, Akzeptanz

B

Binnen-I

C

Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit

D

Derailing

E

Emanzipation

F

Femen und Piraten

Feminismus und Liebe

frau (klein geschrieben)

Frauenflohmarkt

G

ganz oder mehrheitlich

gefährliches Halbwissen

Gender-Mainstreaming. Was ist das? Wo kommt es her?

gefühlt

generisches Maskulinum

geschlechterdemokratisch

geschlechtergerecht

geschlechtersensibel

Gleichberechtigung – Gleichstellung

H

häusliche Gewalt

Homophobie

I

J

K

L

M

man (kleingeschrieben)

Maskulisten, Maskulinisten

Männerrechtler, Männerbewegung

Mengenlehre

Menschenrechte

mitgemeint („ich will nicht immer nur mitgemeint sein“)

N

O

Opfer

P

PAS

Passiv

Plural

Q

R

Raucherinnen

rechte Männer

S

Sexismus

Soldatinnen und Soldaten

T

toxisch

U

V

Vergewaltigung

W

XY

Z

Zukunft

Zwangsprostituierte

Die Quelle der Ölweiber

 

Was ist ein Ölweib?

 

Ein Ölweib ist wie eine Quelle – eine Ölquelle. Aber keine Quelle, aus der Öl fließt, daraus fließen Falschbeschuldigung und Denunziationen.

So beschreibt Gottfried Keller ein Ölweib in der Geschichte Das verlorene Lachen.

Der Held dieser Geschichte findet sich in auswegloser Lage, er möchte sich rächen an denen, die ihm geschadet und die ihm übel mitgespielt haben, doch er weiß nicht wie. Da wird ihm das Ölweib empfohlen. Dahin könnte er sich wenden. Da will er natürlich wissen:

Also: Wer oder was ist das Ölweib?

 

Ölweib1

 

„Das sei eine alte Frau, wurde ihm erklärt, die man so nenne nach der biblischen Witwe mit dem unerschöpflichen Ölkrüglein, weil ihr der gute Ratschlag und die üble Nachrede so wenig ausgehe wie jener das Öl. Wenn man glaube, es sei gar nichts mehr über einen Menschen vorzubringen und nachzureden, so wisse diese Frau, die in einer entlegenen Hütte wohne, immer noch ein Tröpflein fettes Öles hervorzupressen, denselben zu beschmutzen, und sie verstehe es, in wenigen Tagen das Land mit einem Gerüchte anzufüllen.“

 

Das Ölweib kann das, weil sie außerhalb der Gesellschaft steht. Gegen ihr Gift gibt es in der Gesellschaft, die auf „Ehrbarkeiten“ fußt, kein Gegenmittel. Auch keinen Schutz.

Denn ihre Vorwürfe haben keine Berechtigung. Sie kommen aus einer Quelle, die mit dem Verhalten der Beschuldigten nichts zu tun hat.

Man kann jedweden Namen auf einen Zettel schreiben, dem Ölweib vorbeibringen, und schon geht die Beschädigung seinen Gang. Es ist die pure Missgunst, die das Ölweib antreibt. Sie rächt sich, weil sie am  Rande der Gesellschaft steht, für die sie sich nicht verantwortlich fühlt.

Der Feminismus bietet den Ölweibern eine Heimat. Er lockt Ölweiber an. Die Falschbeschuldigungen des Feminismus sind keine Randerscheinung.

Sie gehören zu ihrem Wesen. 

 

 

 

Die Innenwelt verallgemeinert

 

 

„Man darf das nicht verallgemeinern!“

 

So einen Vorwurf kriege ich gelegentlich zu höre; er wird reflexartig erhoben, wenn ich mich über „die Frauen“ oder die kleingeschriebene „frau“ äußere. Kein Wunder; denn „die Frauen“ und die kleingeschriebene „frau“ sind bereits Verallgemeinerungen. Wie soll ich darüber reden? Es kommt sofort der verständliche Einwand: „Es sind aber nicht alle so.“ Also darf ich das so nicht sagen. Aber wie? Habe ich da ein Problem? Ja.

Es hat sich nämlich ein Wandel vollzogen in der Art und Weise, wie wir mit Verallgemeinerungen umgehen. Früher haben wir noch unbefangen von „Frauen“ und „Männern“ gesprochen, von „Bayern“ und „Preußen“. Wir wussten sehr wohl, dass jeder Plural; ja, dass jedwede Zusammenfassung zu einer noch so bescheidenen Menge immer eine gewisse Pauschalisierung mit sich bringt. Bisher war das kein Problem. Heute schon. Denn das Typische ist zum Totalen geworden.

Die unscheinbare, aber hochgiftige „-innen“-Form, die das Herzstück der sprachfeministischen Offensive bildet (also eine Formulierung wie „Wählerinnen und Wähler“), vollzieht erstens eine falsche Trennung – Es gibt in Wirklichkeit nur eine Menge und nicht zwei, es gibt auch keinen Grund für eine Trennung – und er bringt zweitens eine falsche, nämlich eine totale Verallgemeinerung mit sich.

Wenn man so schroff und so primitiv trennt, verallgemeinert man auch und tut so, als hätten jeweils alle Frauen und alle Männer dieselben Eigenschaften. Der starre Blick auf die Geschlechtsteile, die das einzige sind, was dabei gesehen wird, macht es möglich. Die totale sexistische Verallgemeinerung lässt keine Ausnahmen mehr zu.

Mit diese Denkfigur lässt sich gut die feministische Erkenntnismethode beschreiben, wenn man sie überhaupt so nennen und mit dem Wort „Erkenntnis“ schmücken will; denn es ist eine primitive Methode mit negativer Bilanz.

Es kommt mehr Falsches als Richtiges dabei heraus, und es entstehen unberechtigte Vorwürfe mit einem garantierten Anteil von mindestens 60 Prozent Falschbeschuldigung. Der mentale Doppelfehler ist, wenn man ihn einmal bemerkt hat, das immer wieder leicht zu erkennende Strickmuster der Anklagen, aus denen sich das feministische Weltbild zusammensetzt.

Diese spezielle Art des „Argumentierens“ findet man bereits in frühen feministischen Schriften. Schon Hedwig Dohm stellte das Verhältnis von Ausnahme und Regel einfach auf den Kopf. In ihrem Buch ‚Die Antifeministen’ aus dem Jahre 1901 rechnet sie mit Ärzten ab, die das Monatsleiden der Frau untersucht haben, und berichten, dass Frauen manchmal davon stark betroffen sind und es dazu führt, dass Frauen im Ganzen gesehen, öfter krank sind sind als Männer. Dohm bringt einen Einwand, der uns so bekannt vorkommt, als hätten wir ihn erst gestern gehört. Sie sagt, sie kenne aber Frauen, bei denen sei es nicht so.

Damit unterstellt sie den Ärzten eine Generalisierung, die sie gar nicht vorgenommen haben. Sie tut so, als könnte sie mit ihrem Einzelfall eine statistische Mehrheit widerlegen und, schlimmer noch, als dürfte es nur Wahrheiten geben, die keine Ausnahmen zulassen. Als gäbe es nur ganz oder gar nicht.

So hat sich gleichzeitig ein Wandel vollzogen in der Art und Weise, wie wir mit Einzelfällen umgehen. Für jemanden, der von dem sexistischen Vorverständnis einer totalen Verallgemeinerung ausgeht, ist jeder Einzelfall ein Beleg für sein Vorurteil. Jeder Fall einer Vergewaltigung bestätigt die a priori Annahme, dass alle Männer Vergewaltiger sind. Wer dagegen so ein Vorurteil nicht hat, für den ist ein Einzelfall ein Einzelfall.

Mit so einer „linguistischen Therapie“ (ein Ausdruck, den ich von Herbert Marcuse entliehen habe und nun auf den Sprachfeminismus mit seinem Doppelfehler anwende) hat sich unser Reden über Einzelfälle und Verallgemeinerungen schleichend verändert.

Früher konnte man noch unbefangen sagen: „Die Bayern schimpfen gerne über die Preußen“. Es war klar, dass so eine Aussage nicht umfassend gelten soll und dass es jede Menge Ausnahmen und Grenzfälle gibt. Es war ebenso klar, dass damit kein Fall von Diskriminierung vorliegt und dass nicht etwa eine Gruppe (hier: die Preußen) pauschal herabgesetzt, gedemütigt und beleidigt wird.

 

Bayern

Die stecken doch alle unter einer Decke

 

Das war einmal. Die Dauerberieselung mit der lästigen „-innen“-Form war zunächst nur Ausdruck einer diffusen, aggressiven Gefühlslage, die sich überall einmischen wollte. Das hat sie seither erfolgreich getan und hat erstaunliche Wirkung gezeigt.

Warum sollte es nicht so sein? Schriftsteller, Journalisten und Politiker glauben an die Wirkung von Worten, das müssen sie auch, sonst könnten sie gleich ihre Griffel abgeben und die letzte Tinte eintrocknen lassen. Der Triumphzug der „-innen“-Form hat womöglich die bedeutendste und zugleich am meisten unterschätzte Sprach- und Bewusstseinsveränderung der letzten Jahrzehnte mit sich gebracht.

Nun ist der Sprachfeminismus zur Norm geworden. Nun werden Gesetze und Vorschriften danach ausgerichtet. Mitte der 80er Jahre wurde mit Rita Süßmuth erstmals die Frauenpolitik eingeführt und damit die Kategorie „Frau“, die es vorher in so einer groben Verallgemeinerung nicht gab (und eigentlich immer noch nicht gibt, aber nun offiziell geworden ist). Erst auf so einem Fundament konnten beispielsweise Quotenregelungen entstehen. Die sind sexistisch und total. Da gibt es keine Ausnahme. Frau oder Nicht-Frau, das ist die Frage.

Quotenregelungen haben daher  immer auch den Charme von Backrezepten. Wenn man beispielsweise den Frauenanteil um 10 Prozent erhöhen will, damit im Führungsteam die Mischung stimmt, ist es so, als würde man empfehlen, noch zwei gehäufte Esslöffel Mehl hinzuzugeben, damit der Kuchen gelingt. Unterstellt wird, dass in der Menge der Frauen an jeder Stelle dieselbe Konsistenz vorhanden ist wie an jeder Stelle in der Tüte Mehl. So wird mit beiläufiger Selbstverständlichkeit eine Gleichheit und Austauschbarkeit aller Beteiligten vorausgesetzt.

Wenn wir den Sexismus auf unser Beispiel mit den Bayern und Preußen übertrügen, dann müssten wir ein Gesetz fordern, nach dem ausnahmslos alle Bayern Strafe zahlen müssen und allen Preußen eine Vergünstigung zusteht, auch dem blöden Piefke, der seinerseits immer nur schlecht über die Bayern redet. Denn so sind sie, die Bayern, die Preußen, die Frauen.

Nein, stimmt nicht. Ich kenne eine Frau, die ist nicht so. Eine sehr sympathische Frau übrigens.

 

 

 

frau (klein geschrieben)

Wenn man „man“ durch „frau“ ergänzt, wird das unbeliebte „man“ rückwirkend fehl interpretiert: Man tut dann so, als wäre damit nicht etwa etwas Allgemeines, sondern etwas rein Männliches bezeichnet. Doch gerade an dieser Stelle liegt ein wichtiger Unterschied zwischen dem natürlichen und dem grammatischem Geschlecht: das grammatische Geschlecht kann nämlich beides sein, sowohl männlich als auch übergeschlechtlich („der Mensch“), – oder weiblich und übergeschlechtlich („die Person“). Das natürliche Geschlecht kann das nicht, es kann die ihm zugeteilte Umkleidekabine nicht plötzlich als Transvestit verlassen.

 

 

man (kleingeschrieben)

Eines der ersten Sündenböcke, auf die sich die Kämpfer gegen das Männliche in der Sprache (und ebenso in der Welt) eingeschossen haben, war das Wörtchen „man“, klein geschrieben mit einem „n“. Es sieht schon so aus, es hätte es irgendetwas mit dem englischen „man“ zu tun, was bekanntlich Mann oder Mensch heißt.

Max Frisch mochte es nicht. Er setzte es mit dem Zeitgeist gleich. Für ihn war es ein Wort der Herrschaftssprache, die einer schweigenden Mehrheit vorschreibt, wie man etwas erleben soll. Vielen war das kleine Wörtchen sowieso unsympathisch. Mir auch. Wenn es hieß: „Das tut man nicht“, erblickten wir darin die Aufforderung, es gerade deshalb zu tun.

Walter Kempowski wiederum verwendete „man“ auffällig oft – vielleicht sogar gerne, um das zu beschreiben, wovon Max Frisch spricht. Dann wissen wir wenigstens, worum es geht. Die Formulierung selber ist ja nicht das Problem. Man ändert an dem Bezeichneten nichts, wenn man die Bezeichnung ändert. Das Dorf wird nicht schöner, wenn man ein neues Ortseingangsschild aufstellt.

Auch die evangelische Kirche gibt uns Handreichungen für eine „geschlechtergerechte Sprache“, die sich ebenfalls mit diesem „man“ befassen. Zunächst erklärt die EKD, dass es womöglich von „mana“ kommt, was „die Mutter aller“ heißt, da es aber identisch klingt wie „Mann“, wird es leicht verwechselt. Also soll es durch ein Passiv ersetzt werden.

Warum?

Was ist da passiert? Da hat sich offenbar der Wunsch, etwas zu verurteilen – der sowieso befremdlich wirkt –, losgerissen und ist mit den Kirchenmännern durchgebrannt. Denn die EKD setzt sich nicht mit der Sache selbst auseinander, sondern mit einer anderen, die damit nur äußerlich und auch nur versehentlich Ähnlichkeit hat, so wie man Gottfried Benn böswillig eine jüdische Herkunft unterstellt hat, weil sein Name sich irgendwie so anhörte.

Können evangelische Frauen die Wahrheit nicht vertragen? Statt ihnen zu helfen, ihr lässliches Missverständnis zu überwinden, sollen sie in ihrem Irrglauben belassen werden, und alle anderen sollen darauf Rücksicht nehmen, als würde man die Gemeinde bitten, nicht nachzulassen, „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ zu singen, weil es Kinder gibt, die immer noch daran glauben.

So wie der Judenhass schon in einem fortgeschrittenen Stadium war, als man nicht mehr zwischen „Ben“ und „Benn“ unterscheiden konnte und auf den Falschen einprügelte, so ist auch in der evangelischen Kirche die Verteufelung des Männlichen schon in einem fortgeschrittenen Stadium.

Doch an dem „man“ ist nichts Falsches, nichts Sündiges. Es gibt keinen Grund an die Tore zur Kirche zu schreiben: „man“ muss draußen bleiben.