Eines der ersten Sündenböcke, auf die sich die Kämpfer gegen das Männliche in der Sprache (und ebenso in der Welt) eingeschossen haben, war das Wörtchen „man“, klein geschrieben mit einem „n“. Es sieht schon so aus, es hätte es irgendetwas mit dem englischen „man“ zu tun, was bekanntlich Mann oder Mensch heißt.
Max Frisch mochte es nicht. Er setzte es mit dem Zeitgeist gleich. Für ihn war es ein Wort der Herrschaftssprache, die einer schweigenden Mehrheit vorschreibt, wie man etwas erleben soll. Vielen war das kleine Wörtchen sowieso unsympathisch. Mir auch. Wenn es hieß: „Das tut man nicht“, erblickten wir darin die Aufforderung, es gerade deshalb zu tun.
Walter Kempowski wiederum verwendete „man“ auffällig oft – vielleicht sogar gerne, um das zu beschreiben, wovon Max Frisch spricht. Dann wissen wir wenigstens, worum es geht. Die Formulierung selber ist ja nicht das Problem. Man ändert an dem Bezeichneten nichts, wenn man die Bezeichnung ändert. Das Dorf wird nicht schöner, wenn man ein neues Ortseingangsschild aufstellt.
Auch die evangelische Kirche gibt uns Handreichungen für eine „geschlechtergerechte Sprache“, die sich ebenfalls mit diesem „man“ befassen. Zunächst erklärt die EKD, dass es womöglich von „mana“ kommt, was „die Mutter aller“ heißt, da es aber identisch klingt wie „Mann“, wird es leicht verwechselt. Also soll es durch ein Passiv ersetzt werden.
Warum?
Was ist da passiert? Da hat sich offenbar der Wunsch, etwas zu verurteilen – der sowieso befremdlich wirkt –, losgerissen und ist mit den Kirchenmännern durchgebrannt. Denn die EKD setzt sich nicht mit der Sache selbst auseinander, sondern mit einer anderen, die damit nur äußerlich und auch nur versehentlich Ähnlichkeit hat, so wie man Gottfried Benn böswillig eine jüdische Herkunft unterstellt hat, weil sein Name sich irgendwie so anhörte.
Können evangelische Frauen die Wahrheit nicht vertragen? Statt ihnen zu helfen, ihr lässliches Missverständnis zu überwinden, sollen sie in ihrem Irrglauben belassen werden, und alle anderen sollen darauf Rücksicht nehmen, als würde man die Gemeinde bitten, nicht nachzulassen, „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ zu singen, weil es Kinder gibt, die immer noch daran glauben.
So wie der Judenhass schon in einem fortgeschrittenen Stadium war, als man nicht mehr zwischen „Ben“ und „Benn“ unterscheiden konnte und auf den Falschen einprügelte, so ist auch in der evangelischen Kirche die Verteufelung des Männlichen schon in einem fortgeschrittenen Stadium.
Doch an dem „man“ ist nichts Falsches, nichts Sündiges. Es gibt keinen Grund an die Tore zur Kirche zu schreiben: „man“ muss draußen bleiben.