Dritter Brief

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Die kaputte Brille

Liebe Frauen!

Ich hoffe, Sie sind durch die verschiedenen Abschweifungen und Umleitungen nicht abgeschreckt worden und mögen noch ein wenig weiterlesen. Ich wiederhole es sicherheitshalber noch einmal: Ich bin nicht gegen Frauen. Es gibt Fälle, da kann ich sagen, dass ich in einem extrem hohen Maße für eine Frau bin –, ich bin jedoch gegen den Feminismus.  

Ich hatte gesagt, dass ich darauf zurückkommen werde, als ich geschrieben habe: „Ich liebe Frauen“. Das stimmt. Ich liebe Frauen. Aber nicht alle. Nur einzelne Frauen – manche sehr, manche ein bisschen, manche eher weniger. Aber es müssen schon Frauen aus der Wirklichkeit sein und nicht aus dem Niemandsland der Verallgemeinerung, in dem der Feminismus herrscht und eine Liebe unmöglich macht.

Liebe gibt es nur im Einzelfall, nicht in der Verallgemeinerung. Deshalb richtet sich meine Kritik am Feminismus zuallererst gegen die Verallgemeinerung, die der Feminismus zwangsläufig mit sich bringt. Ich sagte: zwangsläufig. Ohne falsche Verallgemeinerungen gäbe es keinen Feminismus.

Sie haben es vielleicht schon bemerkt: Meine Kritik am Feminismus ist anders, als Sie womöglich erwartet haben. Bei mir gibt es nicht etwa ein quengeliges Missfallen an modischen Erscheinungsformen und aufdringlichen Geschmacklosigkeiten, die vermutlich viele der Leserinnen, die es bis hierhin geschafft haben, genauso peinlich finden wie ich. Da wären wir uns vermutlich schnell einig. *

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Bei mir ist es anders: Meine Kritik richtet sich nicht gegen gewisse Einzelteile, die man womöglich reparieren oder austauschen könnte. Mir geht es um den Geburtsfehler des Feminismus – und der sieht so aus: Der Feminismus verallgemeinert und trennt, er schafft damit automatisch eine grundsätzliche Gegnerschaft. Der Feminismus malt ständig Teufel mit männlichen Geschlechtsteilen an die Wand, er produziert Feindbilder. Davon lebt er. Wie ein Vampir vom Blut. Der Feminismus malt den Hintergrund schwarz, damit sich die Frauen davor weiß und unschuldig abheben.

Das war schon in den Anfängen so:

Der Feminismus bildet die gesichts- und herzlose Menge der Frauen überhaupt erst. Er behauptet einfach, dass es diese Großgruppe nicht nur im Wolkenkuckucksheim der Abstraktionen, sondern auch in der erdgebundenen Wirklichkeit gibt. Der Feminismus erdreistet sich, im Namen aller Frauen zu sprechen, auch wenn die vielen real existierenden Frauen unterschiedliche Meinungen haben und ganz verschiedenen politischen Richtungen angehören. Egal. Sie haben alle dasselbe Geschlecht. Das gilt.

Für Feministen sind Ideen oder Herzensangelegenheiten nicht so wichtig. Wichtig ist allein das Geschlechtsteil, denn Feministen haben ihren Mitgliedsausweis zwischen den Beinen. Sie denken immer zuerst an das primäre Geschlechtsteil, wenn sie versuchen, andere Menschen zu verstehen und in Gruppen einzuteilen. Man könnte Feministen auch Vaginaristen oder Vulvaristen nennen.

Deshalb hat der Feminismus immer etwas Peinliches und Vulgäres. Und Falsches. So kann man den anderen nicht verstehen. So kann man ihm nicht gerecht werden. Besonders dann nicht, wenn dieser andere es nicht für entscheidend hält, was er in der Hose, sondern was er im Kopf oder auf dem Herzen hat. Das ist jedoch zweitrangig für Feministen, das übersehen sie. Für Feministen zählt allein das Geschlechtsteil, auf das die zitternde Kompassnadel ihres Blickes bei jeder Gelegenheit zeigt. So entkleidet und entwürdigt der feministische Blick jeden, der davon getroffen wird.

So fängt Menschenfeindlichkeit an. Sie beginnt immer da, wo man Menschen in Gruppen unterteilt und sie aufgrund von körperlichen Merkmalen, die sich nicht ändern lassen, in Güteklassen einteilt. Damit wird der Menschlichkeit der Boden entzogen, sie wird zerschlagen, als würde ein Haus durch ein Erdbeben in Teile zerfallen. Menschlichkeit zeigt sich aber gerade darin, dass sie keinesfalls die Zusammengehörigkeit aller Menschen (egal welchen Geschlechts und welcher Hautfarbe) in Frage stellt.

Für seine Lieblosigkeit und seine Erkenntnisarmut ist der Feminismus selbst verantwortlich. Er stellt sie künstlich her; er tut es, wie der Schwabe sagen würde: „mit Fleiß“, indem er sich beleidigt in Schutzräume zurückzieht, in denen die Verschwörungstheorien ungehindert wuchern können. Schon das Wort „Schutzraum“ stammt aus der Sprache des Bomben-Krieges und wird nun kurzerhand auf den Geschlechter-Krieg übertragen.

Aber sehen Sie selber: Machen Sie einen kurzen Abstecher in das alte Venedig und beobachten Sie den querelle des femmes in den stümperhaften, aber aufschlussreichen Anfängen und verfolgen Sie den langen Irrweg des Feminismus von Venedig bis nach Peking zur größenwahnsinnigen Weltfrauenkonferenz und wieder zurück in die Provinz.

Man kann mir nicht damit kommen, dass es „den“ Feminismus nicht gibt. Es gibt ihn. Der Feminismus hat eine allem zugrundeliegende Weltanschauung – ein „mind set“. Er hat ein klar erkennbares Denkmodell – kein besonders anspruchsvolles Denkmodell. Es ist stumpf. Es ist primitiv. Es hat den „betörenden Glanz der Dummheit“, wie es eine kluge Frau einst genannt hat. Der Feminismus ist eine hässliche, defekte Brille, die allen auf die Augen gedrückt werden soll, auch wenn es weh tut.

Männer und Frauen werden – wenn sie durch diese Brille betrachtet werden – als grundsätzlich getrennt voneinander gesehen. Sie ziehen sich nach so einer Sichtweise nicht an, sie stoßen sich vielmehr ab. Sie werden auch nie wieder zusammenkommen. Sie stehen sich gegenüber wie zwei zwangsweise rekrutierte Heere, die zu einem lächerlichen Vergleichskampf angetreten müssen – zu dem historisch einmaligen Schaukampf: „Männer vs. Frauen.“

Wenn man durch die Brille schaut, sieht man nicht mehr, dass Männer und Frauen sich lieben können, dass sie aufeinander bezogen sind, dass sie abhängig voneinander sind, dass sich ihnen erst dann großartige Möglichkeiten bieten, wenn sie zusammenarbeiten. Es wird – wenn man weiterhin durch die Brille guckt – nur gesehen, dass Frauen und Männer sich feindselig gegenüberstehen. Alles wird missgünstig verglichen: Die Arbeit, der Lohn, das Freizeitverhalten, die Sprache, der Umgang mit dem Kind. Der Wettstreit zwischen Frau und Mann (der überhaupt nicht sein muss und den es sowieso nur gibt, wenn man ihn immer wieder aufs Neue beschwört und dabei Frauen und Männer als Gruppen sieht, als Mannschaften, die sich im Vergleichskampf messen) … dieser Wettstreit hat sich zu einem Kampf entwickelt, zu einem regelrechten Krieg.

Der Feminismus hat zu diesem Krieg aufgerufen. Zum Krieg gegen den Mann. Gegen das Kind. Gegen die Zukunft.

Wie können wir unter diesen Umständen noch aufeinander zugehen?

Fragt mit herzlichen Grüßen

Bernhard Lassahn

* Fußnote shoes-89037_640

Sehen Sie sich das Bild von einer der Femen an. In der Stellungnahme, die zu dem Bild verbreitet wurde, kündigt sie an, dass demnächst Blut fließen wird – das Blut der Männer, versteht sich. Man sieht es schon. In der ausgestreckten Linken hält das Fotomodell, das selbstverständlich reiche Sponsoren im Hintergrund hat, etwas in die Höhe, das der abgetrennter Hodensack eines Mannes sein soll. An der Sichel klebt Blut. Man sollte denken, dass so etwas verboten wird – aber nein: unsere Presse lechzt nach solchen Bildern. Wir amüsieren uns. Niemand widerspricht. Männerhass ist normal. Es ist auch nicht so, dass man sagen könnte, dass es sich hier um ein Beispiel handelt, das „irgendwie“ nicht gilt und „eigentlich“ mit dem Feminismus nichts zu tun hätte. Es gilt. Es ist charakteristisch. Es ist verräterisch. Wer von den Feministen – wer in der Frauenpolitik – distanziert sich davon, wendet sich ab oder äußerst zumindest gewisse Bedenken? Wer das tut, würde als Verräterin gelten. 

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