Soldatinnen und Soldaten

Soldaten

 

Traurige Berühmtheit erlangten die gefallenen deutschen „Soldatinnen und Soldaten“, von denen Ursula von der Leyen einst gesprochen hat. In Afghanistan sind jedoch keine weiblichen, deutschen Soldaten gefallen. Die gefallenen Soldatinnen gibt es nicht.

 

 

Hierzu eine kurze Rede von Elke Hoff, FDP, die korrekt als nächste „Rednerin“ (Singular) angekündigt wird und sich ebenfalls korrekt bei der „Präsidentin“ (Singular) bedankt. Dann begrüßt sie die „lieben Kolleginnen, liebe Kollegen“ (eine Höflichkeitsfloskel, die sich eingebürgert hat, „liebe Kollegen“ wäre genauso gut möglich und ebenfalls richtig; hier verbirgt sich unter der Höflichkeitsfloskel die Absicht, das generische Maskulinum zu meiden und stattdessen die Doppelnennung anzuwenden).

 

Frau Hoff spricht dann von einem verwundeten Soldaten, der glücklicherweise eine erste Operation überstanden hat. Zu diesem Anlass drückt sie ihre Solidarität aus für die „Soldatinnen und Soldaten“. Sie spricht dann von „Bürgerinnen und Bürgern“ und zweimal von „Kolleginnen und Kollegen“, dann überraschenderweise von „Kollegen“ (Na, bitte: geht doch), dann wieder von „Soldatinnen und Soldaten“ und dann wieder ganz selbstverständlich von „Kollegen“, dann noch mal von „Soldatinnen und Soldaten“ und von deren Familien. Dann wird es unruhig.

 

Sie spricht dann von sich selbst als „Mitglied des Bundestages“ und als „Parlamentarier“. In beiden Fällen verwendet sie eine übergeschlechtliche Singular-Formulierung. Richtig so. Sie hätte auch „Parlamentarierin“ sagen können, aber es ist schön zu hören, dass sie kein Problem damit hat, übergeschlechtliche Formen zu verwenden, weder im Singular „Parlamentarier“, noch im Plural „Kollegen“.

 

Nur „Soldaten“ bringt sie nicht über die Lippen. Bei der nächsten Gelegenheit sagt sie wieder „Soldatinnen und Soldaten“ und es werden wieder die Familien zusätzlich erwähnt. Als sie dann „Kollegen“ sagt, verbessert sie sich überflüssigerweise und spricht gleich zweimal hintereinander von „Kolleginnen und Kollegen“ und wiederholt noch einmal „Soldatinnen und Soldaten“.

 

Wundert es da jemanden, dass man so einer Politikerin ihre Emotionen nicht glaubt? Und dass viele diesen falschen Zungenschlag langsam nicht mehr hören können? Die Frau von der FDP zeigt, dass ihr das Mitgefühl für den verwundeten Soldaten nicht so wichtig ist wie die strenge Einhaltung der feministischen Sprachregelung (so falsch die auch ist und so wenig sie in der Lage ist, sie konsequent anzuwenden).

 

Warum tut sie das? Warum besteht sie zwanghaft auf den „Soldatinnen und Soldaten“? Sie zeigt doch selber, dass es auch anders geht. Vermutlich könnte man – wenn man ihr privat begegnet – ganz unbefangen mit ihr reden und müsste nicht bei jeder Gelegenheit auf die Wortwahl und auf die Pluralbildung achten. Aber ich bin nicht sicher. Sie weiß, was sie sagt. Sie ist volljährig. Sie weiß, dass sie eine vergifte Sprache benutzt, die eine destruktive Politik beschreibt. Was sagt sie damit aus? Was tut sie damit?

 

Sie hält uns mit einem Hase-und-Igel-Spiel zum Narren. Bei der Formulierung „Soldatinnen und Soldaten“ kann man die weiblichen Soldaten entweder als Teil der Gesamtmenge der Soldaten oder als extra herausgenommene Menge sehen, die außen vor steht. Beide Möglichkeiten können gemeint sein. Ein Wackelbild. Eine Kippfigur. Das weiß eine erwachsene Frau, die Deutsch gelernt hat. Warum redet sie so?

 

Weil es alle machen. Weil Frauenpolitik so ist. Zwiespältig. Mit dieser unsauberen Formulierung pfuschen die weibischen Politiker vorsätzlich, weil sie die Vorteile aus beiden Möglichkeiten haben wollen. Je nachdem. Sie halten sich womöglich für raffiniert, sind aber leicht zu durchschauen.

 

Einerseits spreizen sie sich und wollen bei jeder Gelegenheit erwähnt werden – andererseits wollen sie sich alle Türen offenhalten, wollen sich bei Bedarf zurückzuziehen und so tun, als wären sie eigentlich nie dabei gewesen und hätten sich immer noch die Unschuld erhalten.

 

Wenn sie Frauen als Teil des Ganzen sehen – Plan A –, dann fordern sie bei der Gelegenheit treuherzig „faire Teilhabe“, geregelte Gleichstellung und Quoten. Sie tun dann so, als würde ihnen das ungerechterweise verwehrt werden und als müssten sie sich diese faire Teilhabe – gegen die doch eigentlich niemand etwas haben kann – von einer höheren Instanz zuteilen lassen. Sie merken nicht, dass sie selbst dafür sorgen, dass es eine faire Teilhabe nicht geben wird. Oder sie wissen es – und täuschen bewusst. Sie sind entweder dumm oder verschlagen.

 

Sie haben nämlich noch einen zweiten Pfeil im Köcher. Damit meine ich die zweite Interpretationsmöglichkeit: Wenn sich Frauen nämlich – Plan B – als herausgenommen sehen, als separierte Frauengruppe, die unschuldig „außen vor“ steht, dann können sie sich eine pauschale Kritik und Verurteilung der Soldaten leisten – und tun es auch bei anderer Gelegenheit: Soldaten sind Mörder. Krieg ist Männersache. Gewalt auch. Frauen sind keine Mörder. Frauen sind Opfer.

 

Soldatinnen, die grundsätzlich außen vor sind, werden daher auch nicht zu gefährlichen Kampfeinsätzen herangezogen. Sie haben zwar Rechte, aber keine Pflichten. Sie haben keine Verantwortung. Die haben die Männer. Frauen kriegen die Rosinen. Männer müssen die bitteren Pillen schlucken.

 

Solange die Frauenpolitik diese zwiespältige Strategie beibehält, die mit der Zwangsformel von den „Soldatinnen und Soldaten“ zutreffend ausgedrückt wird, solange wird es auch mit der „gerechten“ Teilhabe nichts. Denn beides geht nicht. Eine wirkliche Teilhabe kann es nur geben, wenn sich Frauen nicht länger ein Hintertürchen offen lassen, durch das sie sich jederzeit aus der Verantwortung schleichen können, um dann zu sagen, dass sich immer schon „außen vor“ waren und eigentlich nicht dazugehören. Faire Teilhabe gibt es nur bei einem Verzicht auf Privilegien, bei gleicher Verantwortung ohne einen privaten Notausgang.

 

Also: Es geht mir nicht darum, die lästige Formulierung von den „Soldatinnen und Soldaten“ anzuprangern und sich darüber lustig zu machen. Es ist längst nicht mehr lustig. Die Sprache spricht für sich: So wird die Unzuverlässigkeit und Inkompatibilität der Frauenpolitik korrekt bezeichnet. Es wird damit von Anfang an deutlich gemacht, dass man mit Leuten, die so reden, keine gemeinsame Politik machen kann.