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Teil 2, Krieg gegen das Kind

Auszüge

Heute sind Kinder Waisenkinder auf Abruf. Sie sind Überlebende, die sich wie die letzten ihrer Art vorkommen müssen. Sie werden in eine Zeit hineingeboren, in der man Kinder nicht bedingungslos annimmt. Wir haben andere Ideale.

Die heißen „sexuelle Vielfalt“, „Toleranz“ und „Gleichstellung“. Doch eine Gleichstellung, die alle sexuellen Orientierungen als gleich ansieht, geht über Kinder hinweg wie eine Planierraupe: Wenn eine Liebe, aus der Kinder entstehen, nicht bedeutender wäre als eine, aus der keine Kinder hervorgehen, dann wären Kinder unbedeutend. Aus der gleichen Gültigkeit wird Gleichgültigkeit. Das Kind wird zu einem Nichts.

 

 

Wenn wir die „Liebe“, die zunehmend zum Synonym für sexuelle Aktivität verkümmert, von der Zeugung trennen, trennen wir zugleich die Zeugung von der Liebe. Der Schnitt wirkt in beide Richtungen. Von der Liebe, wie wir sie früher besungen haben, bleiben nur Restbestände; sie wird immer unvollständiger und schließlich verzichtbar. So wird der Weg frei für eine künstliche – eine lieblose – Befruchtung.

Kinder ohne Liebe

Ein Krieg gegen das Kind erscheint uns – jedenfalls auf den ersten Blick – völlig abwegig. Ist es denn nicht selbstverständlich, für Kinder alles zu tun? Sie zu lieben, sie zu beschützen, sich für sie aufzuopfern und dafür zu sorgen, dass sie es später noch besser haben als wir? Kinder sind unsere Zukunft, heißt es. Warum sollten wir die aufs Spiel setzen? 

Genau das geschieht aber. Dass Deutschland als nicht besonders kinderfreundlich gilt, nehmen wir gelassen hin. Doch es ist noch schlimmer. Es wird tatsächlich ein Krieg gegen das Kind geführt, der in seinen Erscheinungsformen neu und in seinen Auswirkungen nicht unmittelbar erkennbar ist. Der Krieg gegen das Kind wird nicht nur gegen das leibhaftige Wesen geführt, sondern schon gegen die Idee vom Kind. Es ist zugleich ein Krieg gegen die Familie, die wir als „Auslaufmodell“ betrachten sollen, als „überholt“ und „vorgestrig“, ohne dass wir etwas Besseres wüssten und ohne zu berücksichtigen, dass Kinder eine brauchen. Sie brauchen Mutter und Vater, Oma und Opa, Brüder und Schwestern.

Der Krieg gegen das Kind und die Zerstörung der Familie sind die Preise für die „geschlechtersensible“ Normalität, die auf uns zukommt.

Kinder ohne Familie

Die Familie hat inzwischen mächtige Feinde bekommen, die sich fest in der Politik etabliert haben und in den Medien den Ton angeben. Sie sind blind oder sie stellen sich blind und tun so, als wüssten sie nichts von dem Scheitern aller bisherigen Versuche, die Familie abzuschaffen und einen „neuen Menschen“ zu züchten, und als hätten wir nie erleben müssen, welche Gefahren vom Staat ausgehen können.

Wir haben es mit einer Agenda zu tun, die Kinder zunächst einmal verhindert und zweitens die Lebensbedingungen der wenigen, die doch noch geboren werden, den Bedürfnissen mit sich selbst beschäftigter Erwachsener unterwirft. Die „Agenten des Wandels“, wie sich selbst nennen, versuchen, sich als moralische Instanz zu inszenieren, dabei müssen sie die Kosten verheimlichen, die „Risiken und Nebenwirkungen“ – in dem Fall möchte ich die bekannte Formel ein wenig abwandeln und von den „riesigen Nebenwirkungen“ sprechen –, sie müssen so tun, als existiere das Leid der unschuldigen Kinder nicht, die ohne Familie leben müssen.

Doch es ist sehr wohl bekannt, dass es dieses Leid gibt, denn in der Vergangenheit haben wir es stets als zweitgrößtes Unglück empfunden, wenn ein Kind einen Elternteil entbehren muss und als größtes Unglück, wenn ihm beide Eltern fehlen. Heute wird so ein Unglück bedenkenlos von Leuten herbeigeführt, die eine Verschiebung der Wertmaßstäbe mit allen erdenklichen Mitteln durchsetzen wollen, mit verhüllten und unverhüllten Drohungen und mit aggressiven Beschuldigungen gegenüber allen, die den Vorreitern der neuen „Ideale“ im Wege stehen.

Kinder in der World of Sex

Die allumfassende Sexualisierung ist zum obersten Gebot geworden. Doch die Überbetonung schlägt schnell in ihr Gegenteil um und führt zur Banalisierung. Wir werden ständig mit Reizen traktiert und stumpfen ab, je mehr die Sexualität aus den Zusammenhängen von Liebe und Fortpflanzung gelöst wird und nur noch kleine Vergnügungen übrig lässt, die mehr und mehr an Bedeutung verlieren, so dass wir ohne Sehnsucht zurückbleiben wie Überlebende, denen man alles genommen hat und die längst emotional pleite sind.

Wenn uns die Kinder fehlen, verpassen wir nicht nur die Möglichkeit, in die eigene Kindheit zurückzureisen und uns darin wiederzuerkennen, wir versäumen auch die Gelegenheit, einen neuen Blick auf unsere Eltern zu erhaschen und sie in einem anderen Licht zu sehen als bisher; und wir vergeben uns die Chance, das Vorher und Nachher, den Anfang und das Ende eines Lebens, das wir sowieso nur ansatzweise begreifen, wenigstens ein bisschen besser zu verstehen. Ohne Kinder sind wir nur Touristen im Leben.